Bad Segeberg kultourt

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Eine Gemeinschaftsaktion der Kulturschaffenden und Veranstalter Bad Segebergs
Koordiniert von Kulturkontor und SZ Segeberger Zeitung.

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Di 23. April
LINSE Filmkunst:
One for the Road (2023)

Drama
Regie: Markus Goller
mit: Frederick Lau (Mark) · Nora Tschirner (Helena) · Burak Yigit (Nadim) · Godehard Giese (Dr. Blau) · Friederike Becht (Anja)
Deutschland 2023 | 115 Minuten | ab 12

CinePlanet5, Oldesloer Straße 34

Ein alkoholsüchtiger Bauingenieur gerät im Vollsuff in eine Polizeikontrolle und verliert seinen Führerschein. Aus Trotz schließt er eine Wette ab, keinen Tropfen mehr zu trinken, bis er wieder fahren darf. Mit einer geballten Ladung robuster Komik kreist der Film zwischen drohendem Rückfall und dem Widerstand, sich mit den Gründen der Sucht auseinanderzusetzen, um Hochs und Tiefs einer selbstverordneten Nüchternheit. Ein üppig orchestriertes Solo für den Hauptdarsteller, für ein Sittenbild fehlt es allerdings an genaueren Milieuschilderungen. - Ab 14.

Langkritik:

Filme, in denen Suchtkranke im Zentrum stehen, neigen eher nicht zum Komödiengenre, wenn man beispielsweise an „Leaving Las Vegas“, „The Panic in Needle Park“ oder „Der Mann mit dem goldenen Arm“ denkt. „Houston“ von Bastian Günther ist da eine der Ausnahmen, wenn Ulrich Tukur als Headhunter mit Alkoholproblem zunächst unbeholfen durch Manager-Etagen in Texas stolpert, ehe im Finale dann doch der tragische Tonfall dominiert. Die Regisseure Markus Goller und Oliver Ziegenbalg versuchen in „One for the Road“ eine ähnliche Gratwanderung: gute Laune zu verbreiten und trotzdem über die Schattenseiten der Sucht aufzuklären.

Frederick Lau spielt mit überbordender Energie den Berliner Bauleiter Mark, der den Arbeitsstress mit trinkseligen Geschäftsessen und Touren durch Clubs kompensiert. Was als geselliges Dampfablassen beginnt, endet aber immer häufiger im Exzess. Als er nachts wieder einmal alkoholisiert seinen Wagen umparken möchte, gerät er in eine Polizeikontrolle und verliert den Führerschein. Um seine Fahrerlaubnis wiederzubekommen, schließt er eine Wette ab: Er trinkt so lange keinen Tropfen mehr, bis er den Schein wieder in der Tasche hat.

Lauter Ausreden und keine Einsicht

Das setzt inmitten eines Umfelds, das weiterhin die Abende im Rausch verbringt, nicht nur einen eisernen Willen voraus, sondern auch die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs für eine „medizinisch-psychologische Untersuchung“ (MPU), den Mark nur mit großem Widerwillen besucht. Seine schlechte Stimmung bessert sich erst, als er bei dem „Idiotentest“ auf die von Nora Tschirner gespielte Helena trifft, die sich ihm anschließt, obwohl sie an dem Erfolg des Selbstversuchs zweifelt.

Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen müssen sich der Erkenntnis stellen, dass sie ein Suchtproblem haben. Die meisten suchen nach Ausreden, verdrehen Fakten und zeigen keinerlei Einsicht. Mark möchte die lästige Gängelung möglichst schnell aus dem Weg räumen und stürzt sich zunächst hoffnungsfroh in die Abstinenz, nach dem Motto: Ist der Führerschein erstmal zurück, kann er auch wieder ans alte Leben anschließen. Der Kursleiter wittert das Manöver und kontert es mit kritischen Kommentaren, die Mark dazu zwingen, seine Gewohnheiten zu überprüfen. Warum kann er Spaß und Entspannung nur alkoholisiert finden? Wieso fällt es ihm so schwer, Maß zu halten?

Zwischen Hochs und Tiefs

Nach dem pulsierenden, beschwingt inszenierten Absturz dreht sich das Drehbuch fortan um den Widerstand, den Mark an den Tag legt, um möglichst wenig ändern zu müssen. Das birgt viele Lacher, erschöpft sich aber auch irgendwann in den immer gleichen Szenen des drohenden Rückfalls, bis der tragische Teil doch noch an Fahrt gewinnt. Mark kämpft gegen das Verlangen an, schafft es einige Zeit, wird dann aggressiv und rückfällig. Er lernt seine Stärken und Schwächen kennen und kommt nicht umhin zu merken, dass zwischen den Hochs und Tiefs noch ein langer Weg vor ihm liegt.

Eine Suchthölle, wie man sie aus anderen Filmen kennt, ist das aber noch lange nicht. Die Regie lässt zwar keinen emotionalen Trick aus und schäumt bei der Darstellung der Suche nach Selbsterkenntnis mitunter mehr auf als sie abschöpft. Den Ursachen der Sucht kommt sie so aber nicht auf die Spur.

Das Ausgeliefertsein an sich selbst und die Droge bekommt sie aber durchaus plastisch erfasst, in einer geballten Ladung robuster Komik, meist aber etwas konfus darüber, wie viel Pein und Scham man dem Publikum zumuten darf. Für Frederick Lau ist sein üppig orchestriertes Solo ein Geschenk. Gleiches gilt aber nicht für seine Nebenfiguren, die in seinem Schatten keine Konturen entwickeln können. Dafür hätte es genauerer Milieuschilderungen bedurft, die so etwas wie ein Sittenbild hätten liefern können. Im Sog der Abgründe einer selbstverordneten Nüchternheit fehlt dafür aber der Raum. So bleibt die Heiterkeit über einen, der gesund leben möchte und dabei um seine Lebenslust gebracht wird.

Alexandra Wach, FILMDIENST

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