Bad Segeberg kultourt

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Eine Gemeinschaftsaktion der Kulturschaffenden und Veranstalter Bad Segebergs
Koordiniert von Kulturkontor und SZ Segeberger Zeitung.

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Di 6. Dezember 2022
LINSE Filmkunst:
Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr

Drama
Regie: Gillies MacKinnon
mit: Timothy Spall (Tom) · Phyllis Logan (Mary) · Natalie Mitson (Mary als Jugendliche) · Ben Ewing (Tom als Jugendlicher) · Patricia Panther (Tracy)
Großbritannien/Vereinigte Arabische Emirate 2021 | 86 Minuten | ab 6

CinePlanet5, Oldesloer Straße 34

Ein 90-Jähriger begibt sich auf eine lange Busreise vom Nordosten Schottlands in den Südwesten Cornwalls, um an den Ort zurückzukehren, an dem er vor 70 Jahren seine inzwischen verstorbene Frau kennengelernt hat. Dabei begegnet er den unterschiedlichsten Menschen, die zumeist freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit sind. Während der Reise erinnert er sich auch daran, welches Trauma die Eheleute damals durchmachen mussten. Anrührendes, in der Hauptrolle sehr einfühlsam gespieltes Road Movie. Die mitunter nicht sehr tiefschürfenden, aber nicht zuletzt dank des Hauptdarstellers durchaus intensiven Vignetten zeichnen eine vielfältige und menschliche britische Gesellschaft, in der die Generationen respektvoll miteinander umgehen.

Langkritik:

„Geh weg von diesem Ort. So weit du kannst“, sagt eine junge Frau zu ihrem Mann. Noch wissen wir nicht, wer die beiden sind, doch der Themenkreis ist umrissen: Aufbruch, Abschied, Erinnerung, aber auch Flucht und Vergessen. Darum spielt der Film „Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ zwischen den beiden entferntesten Punkten, die sich in Großbritannien auf dem Landweg zurücklegen lassen, zwischen John O’Groats im Nordosten Schottlands und Lands End im Südwesten Cornwalls. 838 Meilen immerhin, wie es einmal heißt, und diese 1300 Kilometer will der 90-jährige Rentner Tom, dargestellt vom 65-jährigen Timothy Spall, nun zurücklegen. In den 1950er-Jahren war er mit seiner Ehefrau von England nach Schottland gezogen, um ein Trauma zu überwinden. Doch nun ist Mary tot, und Tom möchte noch einmal an jenen Ort zurück, an dem er sie kennengelernt hat.

Penibel plant er seine Reise, mit dem Bleistift auf der Landkarte zieht er die Route nach, fahren will er nur mit Nahverkehrsbussen, weil er die als Rentner kostengünstig nutzen darf. Und dann steht er an der Bushaltestelle in John O’Groats, mit einem kleinen Holzköfferchen, in dem noch etwas mehr ist als nur Kleidung. Man ahnt es bereits: Es soll eine Reise werden, die Tom von seinem Kummer befreit und mit seiner Vergangenheit versöhnt.

Begegnungen mit dem jüngeren Selbst

Darum begegnet Tom sich selbst während der Fahrt als junger Mann, mal sieht er ihn am Wegesrand, mal kommt er auf dem Bürgersteig auf ihn zu, in eleganten Übergängen, die die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpfen. In kurzen Einschüben kehrt der Film immer wieder in die 1950er-Jahre zurück. Nach und nach erfährt der Zuschauer, wie sehr sich Tom und Mary geliebt haben, welches Leid sie damals ertragen mussten. Auch das Geheimnis des Kofferinhalts lüftet sich am Schluss.

Doch das eigentliche Augenmerk des Films „Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ gilt den kurzen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, sei es an der Haltestelle oder im Bus, im Bed & Breakfast oder auf der Straße. Die Menschen, die Tom trifft, sind zumeist freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit, vom Fahrer bis zum Passagier, vom schwarzen Ehepaar, das ihn für eine Nacht bei sich zuhause aufnimmt, bis zur kleinen Schülerin, die ihm zu Beginn eine gute Reise wünscht. Einmal muss er sich den Platz im Bus mit einer Schafherde teilen, ein anderes Mal sitzt er inmitten von Cheerleadern, die fröhlich ihre einstudierten Bewegungen ausführen und dazu singen.

Die Spaltung der Gesellschaft überwinden

Der schottische Regisseur Gillies MacKinnon inszeniert hier nicht zuletzt, wie sich die junge und die alte Generation begegnen und gegenseitig respektieren – fast so, als wolle er die Spaltung der britischen Gesellschaft durch Brexit und Corona mit einem Gegengewicht auffangen. Die Menschen nehmen an Toms Reise teil und machen den rüstigen Busreisenden via Facebook-Video sogar zur landesweiten Berühmtheit. Doch Tom bekommt es auch mit unliebsamen Zeitgenossen zu tun. Einmal prügelt er sich fast mit einem betrunkenen Rassisten, ein anderes Mal wird er von einem pedantischen Fahrer auf einsamer Landstraße aus dem Bus geschmissen. Doch prompt wird er, wieder ein Zeichen von Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und britischer Vielfalt, von ukrainischen Arbeitern aufgelesen und zu einer Geburtstagsfeier geschleppt. Ein eigentümlicher Zufall ist das – schließlich ist der Film vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstanden.

Man hätte sich manche dieser Episoden ein wenig humorvoller gewünscht, tiefschürfender, dramatischer vielleicht. MacKinnon verlässt sich zu sehr auf die bittersüße Rührung, die einige der Vignetten enthalten. Doch Timothy Spall macht dieses kleine Manko mit seiner Darstellung wieder wett. Mit viel Einfühlungsvermögen und Würde verkörpert er einen Mann, der sein Leben vor allem der Liebe zu seiner Frau gewidmet hat. Wenn er in einem Busbahnhof vor jungen Frauen, die einen Junggesellinnenabschied feiern, „Amazing Grace“ singt, ist seine Trauer förmlich zu greifen.

„Geh weg von diesem Ort. So weit du kannst“, sagt eine junge Frau zu ihrem Mann. Noch wissen wir nicht, wer die beiden sind, doch der Themenkreis ist umrissen: Aufbruch, Abschied, Erinnerung, aber auch Flucht und Vergessen. Darum spielt der Film „Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ zwischen den beiden entferntesten Punkten, die sich in Großbritannien auf dem Landweg zurücklegen lassen, zwischen John O’Groats im Nordosten Schottlands und Lands End im Südwesten Cornwalls. 838 Meilen immerhin, wie es einmal heißt, und diese 1300 Kilometer will der 90-jährige Rentner Tom, dargestellt vom 65-jährigen Timothy Spall, nun zurücklegen. In den 1950er-Jahren war er mit seiner Ehefrau von England nach Schottland gezogen, um ein Trauma zu überwinden. Doch nun ist Mary tot, und Tom möchte noch einmal an jenen Ort zurück, an dem er sie kennengelernt hat.

Penibel plant er seine Reise, mit dem Bleistift auf der Landkarte zieht er die Route nach, fahren will er nur mit Nahverkehrsbussen, weil er die als Rentner kostengünstig nutzen darf. Und dann steht er an der Bushaltestelle in John O’Groats, mit einem kleinen Holzköfferchen, in dem noch etwas mehr ist als nur Kleidung. Man ahnt es bereits: Es soll eine Reise werden, die Tom von seinem Kummer befreit und mit seiner Vergangenheit versöhnt.

Begegnungen mit dem jüngeren Selbst

Darum begegnet Tom sich selbst während der Fahrt als junger Mann, mal sieht er ihn am Wegesrand, mal kommt er auf dem Bürgersteig auf ihn zu, in eleganten Übergängen, die die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpfen. In kurzen Einschüben kehrt der Film immer wieder in die 1950er-Jahre zurück. Nach und nach erfährt der Zuschauer, wie sehr sich Tom und Mary geliebt haben, welches Leid sie damals ertragen mussten. Auch das Geheimnis des Kofferinhalts lüftet sich am Schluss.

Doch das eigentliche Augenmerk des Films „Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr“ gilt den kurzen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, sei es an der Haltestelle oder im Bus, im Bed & Breakfast oder auf der Straße. Die Menschen, die Tom trifft, sind zumeist freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit, vom Fahrer bis zum Passagier, vom schwarzen Ehepaar, das ihn für eine Nacht bei sich zuhause aufnimmt, bis zur kleinen Schülerin, die ihm zu Beginn eine gute Reise wünscht. Einmal muss er sich den Platz im Bus mit einer Schafherde teilen, ein anderes Mal sitzt er inmitten von Cheerleadern, die fröhlich ihre einstudierten Bewegungen ausführen und dazu singen.

Die Spaltung der Gesellschaft überwinden

Der schottische Regisseur Gillies MacKinnon inszeniert hier nicht zuletzt, wie sich die junge und die alte Generation begegnen und gegenseitig respektieren – fast so, als wolle er die Spaltung der britischen Gesellschaft durch Brexit und Corona mit einem Gegengewicht auffangen. Die Menschen nehmen an Toms Reise teil und machen den rüstigen Busreisenden via Facebook-Video sogar zur landesweiten Berühmtheit. Doch Tom bekommt es auch mit unliebsamen Zeitgenossen zu tun. Einmal prügelt er sich fast mit einem betrunkenen Rassisten, ein anderes Mal wird er von einem pedantischen Fahrer auf einsamer Landstraße aus dem Bus geschmissen. Doch prompt wird er, wieder ein Zeichen von Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und britischer Vielfalt, von ukrainischen Arbeitern aufgelesen und zu einer Geburtstagsfeier geschleppt. Ein eigentümlicher Zufall ist das – schließlich ist der Film vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstanden.

Man hätte sich manche dieser Episoden ein wenig humorvoller gewünscht, tiefschürfender, dramatischer vielleicht. MacKinnon verlässt sich zu sehr auf die bittersüße Rührung, die einige der Vignetten enthalten. Doch Timothy Spall macht dieses kleine Manko mit seiner Darstellung wieder wett. Mit viel Einfühlungsvermögen und Würde verkörpert er einen Mann, der sein Leben vor allem der Liebe zu seiner Frau gewidmet hat. Wenn er in einem Busbahnhof vor jungen Frauen, die einen Junggesellinnenabschied feiern, „Amazing Grace“ singt, ist seine Trauer förmlich zu greifen.

Michael Ranze, FILMDIENST

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