Bad Segeberg kultourt

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Eine Gemeinschaftsaktion der Kulturschaffenden und Veranstalter Bad Segebergs
Koordiniert von Kulturkontor und SZ Segeberger Zeitung.

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Di 24. August 17.30 und 20 Uhr
LINSE Filmkunst:
Woman - 2000 Frauen. 50 Länder. 1 Stimme.

Dokumentarfilm
Regie: Anastasia Mikova
Frankreich 2019 | 105 Minuten | ab 12

CinePlanet5, Oldesloer Straße 34

1000 Frauen an 50 verschiedenen Orten rund um den Erdball sprechen in kurzen Vignetten über ihre Erfahrungen als Frauen. Das reicht von Genitalbeschneidung und Zwangsverheiratung über Vergewaltigung und Frauenhandel bis zu Hochzeiten und der Glückserfahrung, eine Frau zu sein.

Langkritik:

Die Corona-Berichterstattung hat es gerade wieder überdeutlich gemacht: In den Medien kamen weniger Virologinnen als Virologen zu Wort. Besondere Expertise traut man Frauen offenbar nicht zu. Das Bedürfnis nach Information stillt man lieber mit Einordnungen, die aus männlicher Perspektive dargeboten werden.

Ob gutgemeinte Filmprojekte wie „Woman“ allerdings der richtige Weg sind, um der einen Hälfte der Menschheit zu einer stärkeren Präsenz in der Öffentlichkeit zu verhelfen, darf man bezweifeln, denn im Schutzraum dieser männerfreien Produktion mögen die 1000 interviewten Frauen (an 50 Orten rund um den Erdball) zwar gelöster über ihr geschlechtsspezifisches Dasein sprechen, aber nur die wenigsten Männer dürften sich innerhalb dieses ethnologischen Rahmens für ihre Belange interessieren. Man denke nur an das Etikett „Frauen-Kunst“ oder „Frauenfilm“, das noch nie einen Aufstieg beim Wettbewerb um die wichtigen Plätze garantiert hat.

Die mit dem Delfin schwimmt

Offenbar glaubten der französische Fotograf Yann Arthus-Bertrand und die ukrainische Journalistin Anastasia Mikova, im Zuge des #MeToo-Aktivismus auf ein größeres Forum hoffen zu können. Doch schon nach wenigen Minuten meint man es mit einem Werbefilm zu tun zu haben, der all die Erzählungen von Gewalt und Diskriminierung mit Hochglanzbildern konterkarieren will, wenn eine im tiefen Wasser mit einem Delfin schwimmende wohlgeformte Asiatin zu sehen ist, oder einer Galerie perfekt ausgeleuchteter Frauentypen, die offenbar nach dem Kriterium des physischen Kontrasts ausgesucht wurden, ähnlich wie in der Multikulti-Werbung der Modefirma Benetton.

Entstanden ist die an der Grenze zum Kitsch balancierende Dokumentation als Abfallprodukt des Vorgängerfilms „Human“. Die vor einem schwarzen Hintergrund wie in einem Fotostudio sitzenden Frauen berichten über Genitalbeschneidung, Zwangsheirat, Vergewaltigung, Säure-Attentate und Frauenhandel. Kaum eines in den Medien vielfach ausbereiteten Skandal-Themen rund um frauenfeindliche Diskriminierung wird hier nicht abgehandelt. In dieser Flut der globalen Unterdrückungssplitter ist aber dennoch Platz für Hochzeiten, Geschlechtsumwandlungen oder die Erfahrung der ersten Menstruation. Einige beteuern sogar, wie glücklich sie sind, eine Frau zu sein. Das macht sich vor allem an äußeren Attributen wie dem Tragen hochhackiger Schuhe fest, an rasierten Beinen oder rot lackierten Fingernägeln, was sich nicht gerade als kompatibel mit den harten Arbeitsszenen aus asiatischen Nähfabriken oder einem einsamen Boot erweist, auf dem eine Fischerin in Morgenfrühe allein ihre Runden dreht.

Zwischen Trauma und Geplapper

Dann sieht man wieder junge Mädchen, in Zeitlupe während eines Popkonzertes in der der Menge tanzen, wozu eine an den „Amélie“-Soundtrack von Yann Tiersen erinnernde Klaviermusik erklingt. Die unentschiedene Mischung aus Anklage und banalster Lebensfeier stößt auf Dauer übel auf. Das kaleidoskopische Konzept zerfranst zunehmend zwischen belanglosem Geplapper und traumatischen Erfahrungen, denen in der Kakophonie der Stimmen jede Sprengkraft genommen wird.

Alexandra Wach, FILMDIENST

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